Hören
Babys hören schon vor der Geburt die Stimme ihrer Mutter. Auch Rhythmus, Lieder und Klänge werden von Babys im Mutterleib wahrgenommen. Deswegen ist es gut, in der Schwangerschaft Musik zu hören oder selbst Musik zu machen. Ist das Kind auf der Welt, gibt es zahlreiche weitere Möglichkeiten: Wie wird in einer Familie gesprochen? Alle Geräusche werden von Kindern wahrgenommen, auch aus der Küche, von der Straße oder dem Fernseher. Überlegt, welche Töne, Stimmen oder Geräusche ihr eurem Kind nahebringen möchtet. Nicht alles kann man steuern, aber manches schon! Sogenannte Hör-Memorys üben mit Kindern ein, wie unterschiedliche Dinge in verschlossenen Behältern klingen. Weizen klingt anders als Reis, Salz oder Stroh. Schließt die Augen und begebt euch gemeinsam mit eurem Kind auf eine Reise des Hörens. Hören kann man natürlich auch an anderen Orten einüben. Auf einem Bahnhof, inmitten einer Blumenwiese, im Wald: Überall gibt es eigene Geräusche, die jeweils unterschiedlich und damit spezifisch klingen. Wer hingegen seinem Kind nur computergesteuerte, künstliche Stimmen liefert, verpasst die Chance, Hören in seiner ureigensten Qualität einzuüben.
Riechen

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Getrocknete Kräuter
Eine duftende Rose, ein frisch zubereitetes Essen, frische Kräuter: All dies hat einen bestimmten Geruch, den man Kindern frühzeitig nahebringen kann. Wichtig ist, dass Eltern ihre Kinder einbeziehen. Das müssen keine großen Aktionen sein. Es reicht, die Dose mit frisch gemahlenem Kaffee zu öffnen und Kinder daran riechen zu lassen. Oder beim Spaziergang auf einen Rosmarin-Strauch hinzuweisen, einen Zweig abzubrechen und zwischen den Fingern zu zerreiben. Sofort entfaltet sich ein spezifischer Geruch, der die Sinne anregt. Es gibt natürliche und synthetische Düfte. Ein Parfum beispielsweise bleibt auch im Gedächtnis. Jedes Kind wird sich später an den Duft seiner Mutter erinnern, wenn diese über lange Zeit ein bestimmtes Parfum benutzt hat. Hochwertiger jedoch sind die natürlichen Gerüche: frisches Holz, ein Apfel, eine Ananas. Auch Feuer, Gas und Benzin haben ihren eigenen Geruch, und es kann lebenswichtig sein, solche Gerüche wahrzunehmen. Das Gehirn kann all diese Gerüche abspeichern und in „gefährlich”, „angenehm” oder „lecker” sortieren.
Fühlen
Mit unzähligen Rezeptoren, die sich im Mund, an den Händen und den Füßen befinden, können wir Dinge durch Tasten wahrnehmen. Kinder wollen alles anfassen. Ob es sich dabei um weiche Kuscheltiere oder einen schönen Holzlaster handelt, ist zweitrangig. Den Tastsinn können Eltern gezielt durch Spielzeug fördern. Holzklötzchen, die sich gut fassen lassen und nicht scharfkantig sind, weiche Puppen oder Mobiles, die zum Anfassen einladen, fördern alle auf jeweils unterschiedliche Weise das Verständnis für verschiedene Materialien. Doch Fühlen geht noch weiter. Kinder, die auf einem Fell, einem Wollteppich oder einem Holzboden krabbeln, machen jeweils unterschiedliche Erfahrungen. Wenn Kinder im Garten spielen, lernen sie, wie unterschiedlich sich Gras, Erde oder Steine anfühlen. Gezielt lassen sich solche Erfahrungen auch auf Waldboden, auf Wald-Lehrpfaden oder am Strand machen. Wer mit nackten Füßen über Holz, kleine Steinchen oder Sand spaziert, lernt fühlend und unmittelbar die Natur kennen. Auch die richtigen Möbel im Kinderzimmer können dies unterstützen: Holzmöbel riechen gut und fühlen sich schön warm an. Darüber hinaus gibt es Spielzeug, das den Tastsinn bewusst unterstützt: Ton, Knete oder kinetischer Sand eignen sich gut, um zu zeigen, was man selbst mit seinen Händen formen kann.
Sehen

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Wolkenbilder
Über das Auge nehmen wir Formen, Farben, Licht und Schatten wahr. Oft erscheint uns „Sehen“ so selbstverständlich, dass wir es vernachlässigen. Gerade aber den Sehsinn sollte man mit Kindern bewusst einüben. Man kann durch die Natur wandern und dabei nicht besonders viel wahrnehmen. Ebenso kann derselbe Spaziergang zu einer Bereicherung werden, wenn Eltern auf besonders schöne Bäume, Wolken am Himmel oder einen Greifvogel hinweisen. Nur wer gelernt hat, die Details bewusst wahrzunehmen, kann langfristig Sehen als beglückend erfahren. Zuhause sind es Spielzeuge, die man gemeinsam betrachtet, beschreibt und kommentiert, es sind Farben oder Formen, die das Kind anregen. Auch ein Topf kann eine Faszination ausüben. Vor allem, wenn er mit einer Glasvase oder einem schweren Keramiktopf verglichen wird. Jeder Gegenstand fühlt sich anders an, jeder Gegenstand sieht anders aus und hat eine andere Oberfläche, beziehungsweise Farbigkeit. Auf Reisen oder in der Stadt unterwegs, genügt es, dem Kind Autos, Züge, Busse, Kirchen oder Türme zu zeigen. Eltern sollten so oft wie möglich beschreiben, was sie sehen und warum sie etwas schön finden. So werden positive Gefühle vermittelt. Umgekehrt gilt natürlich dasselbe. Wenn Papa oder Mama ein Insekt sehen, das ihnen nicht gefällt, und aufschreien, wird sich diese Koppelung von Sehen und Entsetzen auch auf das Kind übertragen.
Schmecken
Pädagogisch ist es ausgesprochen sinnvoll, auf authentischen Geschmack beim Essen zu achten. Deshalb sollten Eltern gut überlegen, welche Lebensmittel sie kaufen und wie sie kochen wollen. Fertigprodukte, gesalzene Snacks und viele Süßigkeiten fördern den Geschmackssinn nicht positiv. Schonend zubereitetes Gemüse, frisches Obst, Haferflocken und Salat hingegen sind lecker und gesund. Eine Karotte oder Apfelstücke auf dem Teller laden zum gesunden Naschen ein. Und nichts schmeckt besser als selbst gesammelte Heidelbeeren vom Waldspaziergang oder Tomaten und Erd-beeren aus dem eigenen Garten. Wenn Eltern darüber hinaus Freude daran haben, zumindest hin und wieder ge-meinsam zu kochen und regelmäßig Mahlzeiten miteinander einzunehmen, fördern sie automatisch die Freude an Essen und gutem Geschmack. Dabei ist es auch okay, Kinder Teig schlecken oder eine Sauce probieren zu lassen: Wie ein Koch lernen Kinder beim Abschmecken die Gewürze zu unterscheiden und die einzelnen Zutaten zu schätzen.
Die Sinne zusammenbringen
Es kann zwischendurch sinnvoll sein, das Bewusstsein auf eine Sache unter einem bestimm-ten Sinnes-Aspekt zu lenken. Generell sollte man es mit der Pädagogik jedoch nicht übertreiben! Mit allen Sinnen zu leben heißt: sich des Lebens zu freuen, Kleinigkeiten bewusst wahrzunehmen und wertzuschätzen. Kinder sollten dabei gezielt gefördert werden. Kletter- und Fahrgeräte fördern nicht nur die Motorik, sondern auch die Haptik und das Sehen. Hervorragend ist es auch, Kinder früh für Musik zu begeistern. Jeder weiß, dass Babys gerne mit Holzlöffeln auf Töpfe schlagen. Ein Xylophon, eine Flöte oder eine Gitarre könnten der nächste Schritt auf dem Weg zum Klavier oder zur Geige sein. Hauptsache, Kinder können viel ausprobieren. Zeigt das Kind Interesse an Tönen und Liebe zum Lernen, ist es richtig, nach einem guten Musikunterricht Ausschau zu halten. Wer ein Instrument beherrscht, erfährt viel über die Sinne und schult dabei seine Motorik und kognitive Vorgänge im Gehirn. Dabei sollte man es aber vermeiden, Kinder dem ehrgeizigem Druck zu unterwerfen, durch Unterricht etwas erreichen zu müssen.
Reise in die Welt der Sinne

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Kind auf dem Bauernhof
Auch im Urlaub lassen sich Sinne sehr gut fördern. Man muss aber keine Namibia-Safari unternehmen, um Kinder mit Tieren vertraut zu machen. Ein Streichelzoo, ein Urlaub auf dem Bauernhof oder die bewusste Betrachtung eines Ameisenhügels kann zu ungeahnten Erfahrungen führen. Kinder, die am Ufer eines Sees Steine aufeinanderstapeln oder Burgen im Sand bauen, arbeiten an ihrer Kreativität. Waten durch einen kühlen Fluss, Holzbrücken überqueren, ein Baumhaus bauen oder Kaminholz zum Ofen tragen sind wertvolle Sinneserfahrungen, die den Urlaub bereichern. Auch Mal- und Töpferkurse können sinnvoll sein, wenn Eltern keine Zeit oder Lust haben, gemeinsam zu Hause zu werkeln. Wichtig ist, dass all diese Dinge mit Freude geschehen. Der Gedanke läuft in die falsche Richtung, wenn Kinder „kreativ sein sollen“. Nicht jedes Kind hat Lust darauf, mit Papier und Schere zu schnippeln oder einen Tonkopf zu formen. Denn beim Leben mit allen Sinnen geht es ums Ausprobieren. Darum: Kindern die Augen öffnen und sie selbst entdecken lassen, was ihnen Freude macht. Ob das Kind später Chemikerin, Baumkletterer, Gastronom oder Musikerin wird, wird sich herausstellen. Wichtig ist, dass Kinder glücklich sind. Die Sinne bewusst zu fördern, ist dazu ein wichtiger Schritt!