Diabetes Typ 1 ist die häufigste Stoffwechselerkrankung, welche bei Kindern und Jugendlichen diagnostiziert wird. Im Jahr 2022 waren etwa 34.600 Kinder und Jugendliche in Deutschland an Typ-1-Diabetes erkrankt, Tendenz steigend.
Was genau passiert bei Diabetes Typ 1?
Bei der Autoimmunerkrankung Typ-1-Diabetes zerstört das eigene Immunsystem die Insulin produzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse. In der Folge kann der Zucker – und somit der Treibstoff für unseren Körper – aus dem Blut nicht mehr in die Zellen der Organe aufgenommen werden, denn dafür ist das Insulin verantwortlich.
Die Ursachen für Typ-1-Diabetes sind bisher nicht vollständig erforscht. Neben der genetischen Veranlagung werden Umwelteinflüsse vermutet, die Diabetes Typ 1 auslösen, sowie Viruserkrankungen in den ersten Lebensjahren.
Symptome und Diagnose
Die ersten Anzeichen von Diabetes Typ 1 bei Kindern und Jugendlichen sind oft subtil, können sich jedoch rasch verschlimmern, wenn man die Symptome nicht richtig erkennt.
Zu den typischen Symptomen gehören:
- Häufiger Durst und Harndrang: Kinder trinken ungewöhnlich viel und müssen oft auf die Toilette.
- Gewichtsverlust: Trotz normaler oder sogar gesteigerter Nahrungsaufnahme verlieren die Kinder an Gewicht.
- Müdigkeit und Schwäche: Betroffene fühlen sich oft erschöpft und energielos.
Wenn diese Symptome auftreten, ist eine schnelle Diagnose entscheidend. Unbehandelter Diabetes Typ 1 kann einen lebensbedrohlichen Zustand, die sogenannte diabetische Ketoazidose (DKA), auslösen. Dies ist eine Übersäuerung des Körpers und kann zum Koma führen und unbehandelt tödlich enden.
Die Diagnose erfolgt durch Blut- oder Urintests, die erhöhte Blutzuckerwerte und das Vorhandensein von Autoantikörpern nachweisen. Der Angriff des Immunsystems auf die Betazellen kann in der frühen Phase Monate bis sogar Jahre andauern. Anfangs treten keine Beschwerden auf. Auch ärztliche Fachkräfte stellen bei Routineuntersuchungen oftmals nichts Auffälliges fest. Sie messen in der Regel den Blutzuckerspiegel im nüchternen Zustand. Dieser Nüchternblutzucker steigt erst an, wenn etwa 80 Prozent der Betazellen zerstört sind und kein Insulin mehr herstellen können. Eine solche Blutzuckeruntersuchung liefert also erst sehr spät einen Hinweis auf Diabetes Typ 1.
Behandlung
Die Behandlung von Diabetes Typ 1 erfordert eine lebenslange Insulintherapie. Da der Körper kein eigenes Insulin mehr produzieren kann, muss dieses regelmäßig von Außen zugeführt werden, entweder durch Injektionen oder eine Insulinpumpe. Die genaue Dosierung hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter Ernährung, körperliche Aktivität und die aktuellen Blutzuckerwerte.
Neben der Insulintherapie spielt auch die Blutzuckerkontrolle eine entscheidende Rolle. Kinder und Jugendliche lernen, ihren Blutzucker regelmäßig zu messen und zu verstehen, wie verschiedene Faktoren diesen beeinflussen.
Herausforderungen im Alltag
Für Kinder und Jugendliche mit Diabetes Typ 1 kann der Alltag belastend sein. Die ständige Notwendigkeit, Blutzuckerwerte zu überwachen, Insulin zu verabreichen und auf die Ernährung zu achten, kann die sozialen Aktivitäten beeinträchtigen. Die Therapie erfordert viel Eigenverantwortung und Selbstkontrolle. Zudem besteht das Risiko von akuten Komplikationen wie Hypoglykämie (Unterzuckerung) oder Hyperglykämie (Überzuckerung), die eine schnelle Intervention erfordern.
Unterstützung der Kinder durch Eltern und Familienangehörige ist essenziell, um dem Kind zu helfen, mit dem Diabetes im Alltag umzugehen und eine gute Lebensqualität aufrechtzuerhalten. Für Eltern ist es daher wichtig, sich umfassend über diese Erkrankung zu informieren. Hier können ärztliche Fachkräfte, Diabetesberater:innen, spezielle Schulungen, Gruppenangebote, aber auch Bücher sowie das Internet weiterhelfen.
Akzeptanz ist das Schlüsselwort. Wer hierbei Hilfe braucht, der sollte sich nicht scheuen, psychologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Wichtig ist ein offener Umgang mit der Thematik. Sprecht mit Erzieher:innen, Lehrkräften und Betreuenden und informiert diese, wie sie im Falle eines Notfalls handeln sollen. Auch die anderen Kinder aus dem Umfeld sollten für ein besseres Verständnis eingebunden werden.
Dauerhaft hilft es dem Kind, aber auch der Familie, eine gute Balance zwischen dem Diabetes und positiven Aktivitäten zu finden.
Prognose und Ausblick
Der Diabetes Typ 1 stellt das Leben betroffener Familien erst einmal auf den Kopf, bis man sich an die neuen Abläufe gewöhnt und sie in den Alltag integriert hat. Mit der richtigen Behandlung und einem gut eingestellten Blutzuckerspiegel können Kinder und Jugendliche mit Diabetes Typ 1 aber ein weitgehend normales Leben führen.
Die Forschung arbeitet kontinuierlich an verbesserten Möglichkeiten zur Früherkennung sowie zur Behandlung, um die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes Typ 1 weiter zu verbessern.
Interview mit Maren Sturney
Wir haben mit Maren Sturny, der Autorin von „Rock around the Clock mit Diabetes Typ 1“ sowie „Break Free – Eigenständig werden mit Diabetes Typ 1“ gesprochen. Außerdem betreibt Maren zusammen mit ihrer Tochter Sarah-Léonie (11 Jahre) den Instagram- und TikTok-Account „diabetesbluemchen“.
Kuckuck: Sarah-Léonie wäre beinahe an einer diabetischen Ketoazidose gestorben. Magst du uns davon erzählen?
Maren: Im Sommer 2019 war es sehr heiß und somit habe ich mir nicht viel dabei gedacht, dass meine Tochter viel Durst hatte und sehr schlapp war. Zudem hatte sie stark an Gewicht verloren, wofür ich einen sommerlichen Magen-Darm-Infekt verantwortlich machte. Als sie dann nicht mehr aufhörte sich zu übergeben und nicht mehr alleine stehen konnte, haben wir sie in die Notaufnahme gebracht. Dort wurde sehr schnell mithilfe eines Bluttests ein Diabetes Typ 1 diagnostiziert mit einer schweren Stoffwechselentgleisung. Wären wir nur zwölf Stunden später gekommen, hätte man nichts mehr für sie tun können.
Wie bist du/seid ihr in der Familie mit der Diagnose umgegangen?
Die Diagnose war für die ganze Familie ein großer Schock. Wir haben sehr lange gebraucht, um den Diabetes in unseren Alltag zu integrieren. Zu Beginn musste ich meine Selbstständigkeit aufgeben, um mich um mein Kind zu kümmern. Sechs Wochen nach der Diagnose wurde Sarah-Léonie eingeschult. Aufgrund der fortgeschrittenen Diabetes Technologie, konnte sie wie alle anderen am Schulalltag teilnehmen, vorausgesetzt ich konnte innerhalb von zehn Minuten bei ihr sein.
Und wie läuft es jetzt bei euch?
Um in die Akzeptanz zu finden, haben wir den Diabetes zum Familienmitglied erklärt, ihn also ins Team geholt. Wenn wir den Diabetes ablehnen würden, würden wir einen Teil meiner Tochter ablehnen. Im Team können wir ihn umarmen, aber manchmal dennoch anstrengend finden.
Wie kam es dazu, dass du Bücher zu dem Thema geschrieben hast und in Social Media so aktiv bist?
Ich habe zwei Jahre mit mir gekämpft, um die Diagnose zu akzeptieren. Danach habe ich mir gesagt, ich möchte anderen Familien Mut machen und aufzeigen, was es mit Diabetes auf sich hat und was es im Alltag bedeutet. Diabetes bestimmt nicht unser Leben, wir bestimmen es und der Diabetes ist ein Teil davon.
Was würdest du anderen Eltern beziehungsweise Familienangehörigen empfehlen?
Lasst eure Kinder Kinder sein in einem Alltag, wo der Diabetes auch mal keine Rolle spielen darf. Und für Eltern, deren Kinder (noch) nicht betroffen sind, nehmt die Möglichkeiten zur Früherkennung an und achtet auf die Symptome.
Früherkennung
Wenn mindestens ein Elternteil oder ein Geschwisterkind bereits an Typ-1-Diabetes erkrankt ist, kann ein Baby bis zum Alter von sechs Wochen deutschlandweit, unabhängig vom Wohnort, kostenlos an der Typ-1-Diabetesrisiko-Früherkennung im Rahmen der Freder1k-Studie teilnehmen.