Für mich gibt es nichts Schöneres, als mit meiner Familie draußen zu sein. Egal, ob als Ausflug in den Wald, Picknick im Park oder Drachen steigen lassen auf dem Feld. Es ist wunderbar, nach einer Wanderung zu einer besonders lohnenden Aussicht den Blick schweifen zu lassen und tief durchzuatmen. Das gibt Kraft und lässt alle entspannt in die nächste Woche starten.
Ein ständiger Aufwärtstrend
Spätestens, seit Waldbaden in aller Munde ist, sollte klar sein: Sich draußen in der Natur oder im Wald zu bewegen, ist gesund. Und beliebt. Laut Statista gingen 2022 rund 40,21 Millionen Menschen ab 14 Jahre innerhalb der deutschsprachigen Bevölkerung häufig oder zumindest ab und zu in die Natur. Warum Zeit draußen gesund ist? Natürliches Licht versorgt unseren Körper mit Vitamin D, unser Immunsystem wird gestärkt und frische Luft fördert unsere Konzentration. Angespannte Muskeln lockern sich, die Adrenalin-Ausschüttung sinkt, genau wie die Herzfrequenz. Wir entspannen uns.
Der Aufwärtstrend, Entspannung im Wald zu suchen, hat sicherlich auch mit der Pandemie zu tun, und gerade Familien aus dem urbanen Raum flüchteten sich vor die Tore der großen Städte. Da meine Familie das Glück hat, im Wald zu leben und zu arbeiten, habe ich den Ansturm an den Wochenenden zur Coronazeit quasi direkt vor der Haustür miterlebt.
Raus, raus, raus
Ich arbeite als Erlebnispädagoge. Kinder und Jugendliche kommen zu uns in den Wald, um dem Alltag zu entfliehen. Wir machen Lagerfeuer und Stockbrot, laufen barfuß querfeldein oder schnitzen Kunstwerke aus Naturmaterialien. Auch eine Nacht in der Hängematte ist sehr beliebt. Eines haben alle Kinder und Jugendlichen gemeinsam, egal ob 6 oder 16 Jahre alt: Einen inneren Knopf, der umgelegt werden kann, um sich für den Wald zu begeistern. Es ist toll, mitanzuschauen, wie die Kids jauchzend quer durch den Wald flitzen, begeistert Insekten verfolgen oder hoch konzentriert einen Unterschlupf bauen. Natürlich wird es mit zunehmendem Alter immer schwieriger, diesen Knopf zu erreichen, aber es ist möglich und wunderbar, wenn es funktioniert.
Auch wir Erwachsene haben diesen Knopf in uns, wir müssen ihn nur drücken, um Ruhe zu erfahren und die Natur in uns aufzunehmen.Ich brauche das Draußensein täglich. Wenn die Kids in Schule und Kita untergebracht sind, gehe ich gemeinsam mit meinem Lieblingsnachbarn und den Hunden spazieren. Das machen wir jeden Morgen. Ich freue mich darauf und bin erst danach fit, um konzentriert in den Tag zu starten. Auf der Abendrunde geht die Familie zusammen mit dem Hund raus. Wir sehen Rehe, manchmal den Fuchs mit der Narbe oder hören den nervigen, aber für den Wald wichtigen Eichelhäher. Auch der Waldkauz ist zu hören. Alles wirkt friedlich und scheint eine Gemeinschaft zu sein, dessen Teil wir sind. Ich kann abschalten und gleite schnell in einen entspannten Modus, und ein Gefühl der Zufriedenheit und Ausgeglichenheit stellt sich ein.
© Benjamin Stapf
Der Wald ist friedlich und vermittelt ein Gefühl von ein Gefühl der Zufriedenheit und Ausgeglichenheit
Ohne die Natur wäre ich bestimmt schon ein Mensch kurz vor dem Burn-out. In lauen Sommernächten würde ich am liebsten nur noch draußen sein. Sich in der Natur ein stückweit wieder selbst zu finden, schafft man nicht nur bei einem alpinen Trail-Run oder dem Kajakabenteuer auf der Ardèche, so wie uns die Hochglanzmagazine weiß machen wollen. Auch muss niemand ständig im Vanlife-Modus leben. Dies schreckt ab und gibt das Gefühl, nur im Park die Enten zu beobachten reicht nicht aus. Doch genau darum geht es. Rauszukommen, schnell und einfach.
Es ist so einfach, rauszugehen
Um sich im Wald aufzuhalten, braucht man theoretisch nichts – im wahrsten Sinne des Wortes. Es gibt Menschen, die laufen nackt durch den Wald. Tatsächlich bedarf es keiner professionellen Kleidung oder Ausrüstung. Man kann einfach starten, sofort. Natur gibt es überall. Auch innerhalb einer Stadt ist der nächste Park oder Weiher nicht weit. Mit der Bahn oder dem Fortbewegungsmittel der Wahl kommt man schnell weiter raus ins Grüne. Angst, sich zu verlaufen, braucht in der heutigen digitalen Welt auch niemand mehr zu haben. Jedes Smartphone kann ganz einfach den Standort anzeigen.
Auch die Angst vor dem Fuchsbandwurm, der Zecke oder Tollwut kann genommen werden, wenn man sich fachlich und auf Fakten basierend im Internet informiert. Als Beispiel möchte ich hier erwähnen, dass sich laut RKI bundesweit etwa 30 Personen im Jahr mit dem Fuchsbandwurm infizieren. Dies sind wesentlich weniger Menschen als jene, die von einem Blitz getroffen werden, nämlich im Schnitt 250 Menschen pro Jahr im Bundesgebiet.
© Benjamin Stapf
Das Abenteuer startet ohne große Vorbereitung.
Vorbereitung fürs Draußen-Abenteuer
Eine gute Basis ist, ohne Erwartungshaltung und Zeitlimit zu starten. Wie gesagt, es muss nicht immer das große Abenteuer sein. Auch kann einfach mal der Weg das Ziel sein. Pausiert wird nach Lust und Laune, und es braucht keine im Vorfeld abgesprochene Uhrzeit. Eine alte Wurzel lädt die Kinder zum Klettern ein – gut so! Ein Bach am Wegesrand kann die Füße im Sommer angenehm kühlen – prima! Ein Familienausflug sollte auch als Familie geplant werden. Alle Familienmitglieder sollten da abgeholt werden, wo sie stehen, was ihre Kondition, aber auch ihre Interessen angeht.Es gibt Wanderwege, die an verschiedenste Fitnesslevel angepasst sind – von nur wenigen Kilometern bis hin zu Fernwanderwegen.
Online gibt es in jeder Region eine Touristeninformation, die auch von Einheimischen gerne genutzt werden darf. Besonderes Augenmerk sollte hier auf Highlights für Kinder liegen. Kinderwanderwege oder spezielle Ausflugsziele für Kids sind besonders auf Familien ausgelegt, zum Beispiel mit schönen Rastplätzen am Wegesrand oder Suchbildern entlang einer Route. Langeweile kommt hier garantiert nicht auf.Habe ich mir ein Ausflugsziel ausgesucht, kann ich mir überlegen, wie ich dort am besten hinkomme, wo ich entspannt parken kann, ob es ein Handynetz gibt oder wie weit es zum Beispiel bis zur nächsten Toilette ist. Plane ich einen Besuch im Waldcafé mit Spielplatz für die Kids brauche ich eine andere Vorbereitung als bei einer 5-Kilometer-Tippeltour durch einen mir unbekannten Wald. Egal, was ich plane, es sollte die Vorfreude auf mein Ziel steigern und mir nicht schon im Vorfeld Magenschmerzen bereiten.
Was gehört in den Rucksack?
Hier gilt: Alles kann, nichts muss. Für einen Ausflug mit der Familie empfiehlt sich ein Rucksack. Wasser, Snacks bestehend aus Äpfeln und Keksen. Das reicht im einfachsten Fall aus. Pflaster und Taschentücher dürfen nicht fehlen. Auch ein Taschenmesser ist immer hilfreich. Je nach Wetterlage macht es Sinn, eine leichte Regenjacke einzupacken. Zu schwer sollte der Rucksack aber nicht werden. Als Faustregel gilt, maximal 25 Prozent des eigenen Körpergewichtes zu tragen. Bei Kindern zwischen 6 und 8 Jahren sollte das zu tragende Gewicht drei Kilogramm nicht überschreiten.
Ein guter Abschluss
Das Wetter passt und ich sitze mit meinem Schreibwerkzeug draußen auf einer Anhöhe und blicke in den Sonnenuntergang. Ein schöner Abschluss will für dieses Plädoyer geschrieben werden. Aber vielleicht ist er genau das. Die Sonne untergehen zu sehen, die Vögel zwitschern zu hören und einen leichten Wind zu spüren, der nach Wald riecht. Ich komme zur Ruhe, atme tief ein und fühle mich gut. Ich weiß jetzt schon, dass ich heute gut schlafen kann. Kitschig, ich weiß, doch so ist das eben. Und wenn ich jetzt gleich heim gehe, freue ich mich schon auf morgen, auf das Draußensein, auf den Wald, auf die Natur.