Vermutlich gibt es nach den Halbjahreszeugnissen kein spannenderes Thema für Viertklässler:innen: Auf welche weiterführende Schule wechsle ich nach den Sommerferien? Kuckuck-Autorin Thea Wittmann gibt Tipps, die eure Entscheidung erleichtern.
Wenn die Grundschulzeit endet, steht ein Schulwechsel an. Mit der 5. Klasse beginnt ein neues, aufregendes Kapitel. Vielleicht schwingt auch ein bisschen Wehmut mit, wenn sich der Klassenverband auflöst und viele Mitschüler:innen andere Wege gehen. Das Kind möchte vielleicht auf die Schule, die seine Geschwister besuchen. Oder es möchte in der neuen Klasse mit dem besten Freund oder der Freundin zusammen sein. Aber das allein sollte nicht den Ausschlag geben. In der 5. Klasse ist einiges im Umbruch: Neue Freundschaften lösen alte ab - und „Best Friends" bleiben schließlich über Jahre ein Herz und eine Seele, ganz unabhängig davon, ob sich die Schulwege trennen oder nicht.
Elternsache
Grundsätzlich entscheiden die Eltern, ob ihr Kind eine Haupt-, Real, Mittelstufen-, Gesamtschule oder ein Gymnasium besuchen sollen. Die Empfehlung seitens der Schule ist nicht bindend. Gut zu wissen: Mit der Wahl der Schulform ist die Laufbahn nicht besiegelt. Die Schulsysteme in Hessen und Rheinland-Pfalz sind durchlässig, das heißt: Mit einem guten Haupt- oder Realschulabschluss steht es Schüler:innen offen, nach der 9. oder 10. Klasse weiter die Schulbank zu drücken und höhere Abschlüsse zu erreichen.
Entscheidend dafür, dass der Wechsel gut gelingt, ist die aktuell passende Schulform. Dabei kann in der Regel auf die Einschätzung der Klassenlehrkraft vertraut werden. Sie kennt die Schüler:innen seit vier Jahren und kann die schulische Entwicklung gut beurteilen.
Schulformen: Die Qual der Wahl
Das Gymnasium ist bei Eltern beliebt, weil es auf direktem Weg zum höchsten Schulabschluss führt: zum Abitur. Viele sehen dieses Reifezeugnis als Eintrittskarte zu beruflichem Erfolg. Oft wird dabei vergessen, dass sich Abitur und Fachhochschulreife auch durch andere Bildungswege erreichen lassen. Und ein guter Realabschluss ist erstrebenswerter, als ein vermasseltes Abi.
Für die Gymnasialempfehlung ist in der Regel ein Notendurchschnitt in Mathe, Deutsch und Sachkunde von 2,0 bis 2,5 nötig. In Rheinland-Pflanz reicht ein „befriedigend“. Allein vom Notendurchschnitt sollten Eltern die Schulwahl jedoch nicht abhängig machen. Denn am Gymnasium ist auch gefragt, dass Kinder eigenständig arbeiten und sich einigermaßen gut organisieren können – zum Beispiel, dass sie immer alles dabeihaben, was sie im Unterricht brauchen. Eine eingeschränkte Gymnasialempfehlung kann bedeuten, dass es genau daran hapert. Das Notenbild entspricht zwar den Anforderungen fürs Gymnasium, aber es gibt im Lern- und Arbeitsverhalten noch Förderbedarf.
Empfehlung: Nicht bindend, aber aufschlussreich
Die Klassenlehrer:innen der Grundschulen unterstützen und beraten Eltern und Kinder, damit sie eine gute Entscheidung treffen können. Gut heißt in diesem Fall: Gut für das Kind. Falscher Ehrgeiz ist hier fehl am Platz, denn der Sprung von der Grundschule in die Weiterführende ist kein kleiner Hüpfer. Wenn Schulform und Schüler:in nicht zusammenpassen, ist der Frust programmiert. Das betrifft sowohl über- als auch unterforderte Kinder. Das Gefühl, an der neuen Schule nicht klarzukommen, kann Kinder verunsichern. Und die Erfahrung, etwas nicht zu schaffen, weil die Anforderungen einfach zu schwierig sind, werten sensible Kids als persönliches Versagen. Kinder sind individuell, sie lernen in unterschiedlichem Tempo, mit mehr oder weniger Fleiß, der eine völlig autark, die andere nur, wenn jemand über die Schulter schaut und immer wieder nachfragt, ob die Hausaufgaben wirklich erledigt sind.
Der Fahrplan zum Schulübergang
Der erste Schritt: Mit der Klassenlehrkraft sprechen
Bei einem Gespräch mit dem:der Klassenlehrer:in der Grundschule können die entscheidenden Punkte angesprochen werden. Wie sehen die Noten aus? Wie steht es mit sozialer Kompetenz? Kann sich mein Kind gut konzentrieren, macht es im Unterricht mit? Ist es zielstrebig oder eher verträumt?
Infos über die Schulen einholen, die in die engere Wahl kommen
Informieren
Es ist gut, sich von der Schule, die in die engere Wahl kommt, eine eigene Meinung zu bilden, am besten vor Ort. Beim „Tag der offenen Tür“ stellen sich alle Schulen vor. Elternabende und Informationsveranstaltungen sind dazu da, Fragen zu stellen und sich alles genau anzuschauen.
Reinschnuppern
Die zukünftigen „Neuen“ können in den Unterricht hineinschnuppern, sich die Räume anschauen, die Unterrichtsmethoden kennenlernen. Möglicherweise hat die Schule einen bestimmten Schwerpunkt, zum Beispiel Naturwissenschaften, Musik oder Sprachen.
Das Drumherum
Gibt es AGs oder andere außerschulische Angebote, eine Mensa, Schulessen? Erhalten Schüler:innen Unterstützung bei ihren Hausaufgaben? Kooperiert die Schule mit Vereinen, Musikschulen oder mit öffentlichen Trägern? Auch ein Pluspunkt: Events, die den Einstieg erleichtern, zum Beispiel eine Klassenfahrt in der 5., damit sich alle besser kennenlernen.
Umhören
Ein Gespräch mit anderen Eltern, die bereits Kinder an der weiterführenden Schule haben, ist empfehlenswert. Dabei können sicherlich Details in Erfahrung gebracht werden, die beim „Tag der offenen Tür“ nicht angesprochen wurden.
Schulweg und Fahrzeit
Die Waldorfschule ist der Favorit, aber die ist 30 Kilometer entfernt? Der Schulweg sollte in der Überlegung ebenfalls eine Rolle spielen. Durch lange Fahrzeit in Bus oder Bahn leidet die Freizeit. Immerhin muss das Kind die Strecke mindestens fünfmal in der Woche bewältigen – hin und zurück.
Revue passieren lassen
Ein Rückblick auf die Grundschulzeit des Kindes hilft. Fällt ihm das Lernen leicht? Kann es sich gut organisieren? Ist es wissbegierig? Dann wird es an einem Gymnasium eher keine Probleme haben.Wenn es dem Lernstoff nur schwer folgen konnte, wenn eine Dyskalkulie oder Lese-Rechtschreib-Schwäche festgestellt wurden, kann die Grundschullehrkraft gezielt danach gefragt werden, welche Möglichkeiten es gibt, das Kind zu unterstützen.
Offen bleiben
Eingeschränkte Gymnasialempfehlung? Die Realschule muss nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Es gilt, sich auch eine alternative Schulform anzuschauen. Die Meinung des Kindes zählt ebenfalls. Vor ihm liegen immerhin fünf bis neun Jahre Schulzeit – und die können Eltern ihm nicht abnehmen.
Für und Wider abwägen
Eltern können eine Liste mit Pros & Contras aufstellen und die einzelnen Punkte sammeln: Was spricht für Schule A, was für Schule B. Welche gefällt dem Kind am besten? Letztendlich entscheiden Eltern und Kind. Sie dürfen frei wählen und sind an keine Empfehlung gebunden.
Anmelden
Die Meldefristen nicht verpassen! In Hessen bekommen die Schüler:innen ihre Halbjahreszeugnisse Anfang Februar. Bis spätestens zum 25. Februar sollten Eltern von dem:der Klassenlehrer:in ein Anmeldeformular für die Weiterführende Schule erhalten. Das muss ausgefüllt bis zum 5. März an die Lehrkraft zurückgehen. Die Schulleitung leitet das Formular an die Erstwunschschule weiter.
In Rheinland-Pfalz gibt es die Halbjahreszeugnisse Ende Januar. Ab dem 15. Februar bis zum Ende des Februars müssen Eltern ihr Kind bei der Schule anmelden, für die sie sich entschieden haben.
Weitere hilfreiche Infos
- Ein Erklärfilm zum hessischen Schulsystem in verschiedenen Sprachen gibt es hier.
- Alles Wichtige zum Übergang ist hier zu finden.
- Das Kultusministerium Hessen gibt einen Überblick über die Bildungswege und Abschlüsse im Bundesland.
- Auch für Rheinland-Pfalz gibt es einen Überblick über die Schularten.