Welche sind unnötig? Mit Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale, haben wir den Dschungel der Haftpflicht-, Unfall- oder Lebensversicherungen gelichtet – damit eure Familie richtig abgesichert ist.
Wie fange ich an?
Verschafft euch zuerst einen Überblick über bestehende Versicherungen, macht eine Bestandsaufnahme und geht alle Unterlagen durch. Prüft, welche Versicherungen wen und was diese absichern und ob sie noch zu eurer aktuellen Lebenssituation passen. Vielleicht seid ihr Eltern geworden, habt ein Haus gekauft oder die Kids sind langsam groß und fallen bald aus dem Familientarif.
Die gute Nachricht ist: Es gibt Unterstützung. Versicherungsberater:innen – zum Beispiel von der Verbraucherzentrale – bieten gegen Gebühr eine neutrale Beratung an. Versicherungsmakler:innen arbeiten auch unabhängig, erhalten aber bei Abschluss eine Provision. Wollt ihr zu einer bestimmten Versicherung, wendet euch gezielt an eine:n Vertreter:in. Zudem helfen Online-Portale beim Vergleichen und Stiftung Warentest hilft mit hilfreichen Tipps und Empfehlungen.
Welche Versicherungen sind für Familien unverzichtbar?
„Neben der Krankenversicherung ist das definitiv die private Haftpflichtversicherung“, sagt Elke Weidenbach. Diese übernimmt Schäden, die ein Familienmitglied außerhalb des eigenen Haushaltes unabsichtlich anrichtet. Dabei kann es sich um Omas kaputte Vase handeln, aber auch um Verkehrsunfälle, die ihr als Fußgänger:innen verursacht. In beiden Fällen kommt die Haftpflichtversicherung für den Schaden auf. Andernfalls kann es teuer werden.
Schaut nach preiswerten Familientarifen und achtet darauf, dass Kinder mitversichert sind. „Gesetzlich sind sie erst mit 7 Jahren deliktsfähig, im rollenden Straßenverkehr erst ab 10“, sagt Elke Weidenbach. Bis dahin haften die Eltern – aber nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzen. „Zerkratzt Ihr Kind in Ihrem Beisein aus Versehen das Auto des Nachbarn, bleibt er auf den Kosten sitzen, wenn Sie richtig aufgepasst hatten und die Versicherung den Schaden dann nicht übernimmt. Das verursacht unnötigen Ärger.“
Tipp: Während Kleintiere wie Hasen oder Katzen unter den Haftpflichtschutz fallen, benötigt der Familienhund eine separate Tierhalterhaftpflichtversicherung. Die Regelungen, inwieweit ein solcher Schutz eine Pflichtversicherung ist, unterscheiden sich je nach Bundesland. In Rheinland-Pfalz und Hessen gilt dies nur für bestimmte Hunderassen.
Weitere wichtige Versicherungen
Neben der obligatorischen Kfz-Versicherung für die Familienkutsche benötigen Hausbesitzende eine Gebäudeversicherung für Schäden durch Feuer, Leitungswasser oder Sturm und Hagel. Beim Abschluss sind genaue Angaben wichtig. „Größere bauliche Änderungen, auch die Installation einer Photovoltaikanlage, sollten Sie immer melden“, rät Elke Weidenbach. Zusätzlich empfiehlt sie eine Hausratversicherung, die zum Beispiel Möbel, Elektronik oder Kleidung gegen Schäden durch Feuer, Leitungswasser, Sturm, Hagel, Einbruchdiebstahl, Raub und Vandalismus nach einem Einbruch absichert.
Besonders in Städten macht es Sinn, Räder oder E-Bikes über die Hausratversicherung gegen Diebstahl mitzuversichern. „Dabei muss man auf bestimmte Klauseln achten, zum Beispiel wie das Fahrrad abgeschlossen sein muss und ob bestimmte Einschränkungen gelten“, sagt Elke Weidenbach. Eine teure Fahrradversicherung lohne sich nur für hochpreisige Räder, die häufig angeschlossen und unbeaufsichtigt abgestellt werden.
Unfall- und Invaliditätsversicherung
Arbeits- und Schulwege sind über die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Eine weitergehende private Unfallversicherung macht gerade bei risikoreichen Hobbys wie Reitsport Sinn. „Grundsätzlich raten wir eher zu einer Kinderinvaliditätsversicherung, die zusätzlich auch krankheitsbedingte Behinderungen abdeckt, denn Invalidität entsteht bei Kindern statistisch gesehen viel eher durch Krankheiten als durch Unfälle.“
Geht es auf Reisen, ist eine Auslandskrankenversicherung empfehlenswert. Oft reicht eine günstige Familienpolice aus. Gerade bei besonderen gesundheitlichen Vorbelastungen oder längeren Reisen macht es Sinn, Familienmitglieder einzeln zu versichern. Wichtige Leistungen sind der Krankenrücktransport und Notfallbehandlungen. Achtet auf die Bedingungen!
Berufsunfähigkeit und Risikolebensversicherung
Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) greift, wenn jemand seinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Manche Kinderinvaliditätsversicherungen lassen sich auch in eine BU umwandeln. Ein neuer Abschluss der Versicherung ist ab 10 Jahren möglich. Spätestens aber zu Beginn der Ausbildung sollte man darüber nachdenken. Eine Risikolebensversicherung ist ratsam, wenn es einen Hauptverdiener in der Familie gibt oder ein größerer Kredit, beispielsweise für ein Haus, abbezahlt wird. Im Todesfall sichert die Risikolebensversicherung die Familie finanziell ab.
Versicherungen, die kein Muss sind
Auf dem Markt sind einige Angebote, die für viele Familien nicht relevant sind. Sei es, weil mögliche Schäden bereits anderweitig abgesichert sind, ein Schadensfall eher unwahrscheinlich ist oder die Existenz nicht bedrohen würde. Neben der Handyversicherung betrifft das zum Beispiel Brillen- oder Reisegepäckversicherungen. Auch Rechtsschutzversicherungen, außer im Verkehrsrechtsschutz, sind in vielen Fällen nicht notwendig
Fachliche Beratung und Schadensfall
Es lohnt sich, in regelmäßigen Abständen den eigenen Versicherungsschutz zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Holt euch Hilfe, wenn ihr unsicher seid: „Ob es um Auswahl und Abschluss geht, um Vertragslaufzeiten oder die korrekte Formulierung bei Schadensmeldungen: Die Fachanwälte der Verbraucherzentrale beraten gerne“, weiß Elke Weidenbach.